Stabiler Quantencocktail
Physiker realisieren störungsresistentes Quantensystem
2017-02-02 – Nachrichten aus dem Physik-Department
Quantenmaterie ist normalerweise sehr empfindlich: Selbst geringe, in der Zeit variierende Kräfte haben typischerweise langfristig gravierende Folgen, da sie das System stören und den Ausgangszustand stark verändern. Bisher ging man davon aus, dass sich Quantensysteme im Normalfall durch Schütteln durchmischen, da das System durch die Schüttelbewegung Energie aufnimmt und sich unbegrenzt erwärmen kann.
Die Münchner Physiker haben nun experimentell einen exotischen Quantenzustand nachgewiesen, der diesem Schütteleffekt widersteht. Dafür kühlten die Wissenschaftler atomaren Kaliumdampf in einer Vakuumkammer auf extrem kalte Temperaturen ab. Diese ultrakalten Kaliumatome luden sie anschließend in ein optisches Gitter aus mehreren sich überlagernden Laserstrahlen.
Kontrollierte Unordnung
Die Laserstrahlen bilden dabei die „Gitterstäbe“, zwischen denen die Atome aufgefangen werden. „Wichtig war dabei, dass wir in das optische Gitter zusätzlich kontrolliert Unordnung eingebaut haben, indem wir die einzelnen „Gitterplätze“ zufällig nach oben und unten verschoben haben“, sagt Pranjal Bordia, der Erstautor der Studie.
Auch die Kaliumatome verteilten sie nicht gleichmäßig im Gitter, sondern lokalisierten sie in speziellen Bereichen. Anschließend schüttelten die Physiker das Quantensystem, indem sie die Laserstärken variierten. Dabei zeigte sich, dass dieses System so stabil ist, dass es keinerlei Durchmischung gibt: Die Kaliumatome hüpfen etwas, ihr Verteilungsmuster im Gitter bleibt aber intakt.
Bestätigung der Theorie
Mit diesem Erfolg bestätigen die Wissenschaftler kürzlich publizierte theoretische Vorhersagen für diesen exotischen Quantenzustand. Dass das neu realisierte, bisher unbekannte Quantensystem über unerwartet lange Zeit stabil bleibt, bestätigten auch numerische High-Performance-Berechnungen von Michael Knap, Rudolf Mößbauer Tenure Track Professor für Kollektive Quantendynamik am Physik-Department der TU München.
Der aktuelle Nachweis könnte neue Möglichkeiten für Anwendungen wie etwa die Entwicklung robuster Quantencomputer eröffnen. Zudem liefern Studien zu exotischen Quantenzuständen neue Erkenntnisse zu wichtigen Grundsäulen der theoretischen Physik.
Die Arbeiten wurden unterstützt mit Mitteln der EU (FP7, UQUAM, AQuS) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über das TUM Institute for Advanced Study und den Exzellenzcluster Nanosystems Initiative Munich (NIM).
- Redaktion
- Monika Gödde (LMU) / Andreas Battenberg (TUM) / Dr. Johannes Wiedersich (PH)
Veröffentlichung
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